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AutorenbildKarin Ricklin

Was es für eine gute Zusammenarbeit braucht

Ein Gespräch mit zweien, die es wissen müssen: Mikael Krogerus und Roman Tschäppeler haben als Autoren-Duo das Buch «ZUSAMMENARBEITEN – wie man gemeinsam Großes erreicht» geschrieben. Ob man befreundet sein muss, um gut zusammenzuarbeiten, wieso auch ein Topsharing-Tandem noch nicht divers genug ist und weshalb Verletzlichkeit der Schlüssel zu mehr Vertrauen ist – Antworten auf diese Fragen gibt's im folgenden Beitrag der Blogreihe #wissen.

Portrait Mikael Krogerus & Roman Tschäppeler
Foto: Ella Mettler

Sympathie hilft

«Dieses Buch wurde von zwei Freunden gezeichnet und geschrieben, die nichts lieber machen, als zusammenzuarbeiten.» Die zwei Freunde sind Mikael Krogerus und Roman Tschäppeler, Co-Autoren des Buchs «ZUSAMMENARBEITEN – wie man gemeinsam Großes erreicht». Muss man befreundet sein, um gut zusammenzuarbeiten? «Nein», sagt Mikael. Die gegenseitige Ergänzung steht für ihn im Zentrum: «Man kann die andere Person auch für Kompetenzen mögen, über die man selbst nicht verfügt. Das Gegenüber wird wertgeschätzt für die Hilfe, die sie einem in Bereichen entgegenbringt, die man selbst nicht beherrscht.» Dennoch, mit zunehmendem Alter werde es für ihn immer wichtiger, nicht nur mit Menschen zusammenzuarbeiten, die er fachlich wertschätze, sondern auch menschlich möge. Roman, der im Autoren-Duo die Rolle des Zeichners innehat, denkt auch dazu in Bildern: «Ich stelle mir eine Kurve vor: je mehr Nähe in Form von Kontakt und Austausch zwischen Teammitgliedern nötig ist, desto wichtiger wird die Sympathie für die Zusammenarbeit. Im Umkehrschluss: Je mehr Distanz, desto weniger bedeutsam die Sympathie.»

 

«Ich stelle mir eine Kurve vor: je mehr Nähe in Form von Kontakt und Austausch zwischen Teammitgliedern nötig ist, desto wichtiger wird die Sympathie für die Zusammenarbeit. Im Umkehrschluss: Je mehr Distanz, desto weniger bedeutsam die Sympathie.»

 

Durch Diversität wird's besser, aber nicht einfacher

Es gäbe aber auch eine Kehrseite der Sympathie, betont Mikael. Wir alle arbeiteten am liebsten mit Menschen zusammen, die uns ähnlich seien. Entsprechend neigten wir dazu, das zu praktizieren, was in der Forschung «Ähnlichkeitseffekt» genannt werde. Sprich: Menschen anstellen, die so sind wie wir. Besser wäre das bewusste Rekrutieren von Personen, die anders sind als wir selbst, die uns ergänzen: «Diversität ist nicht nur aus Gerechtigkeitsgründen wichtig – das natürlich auch! –, Diversität ermöglicht einen breiteren Blick auf Probleme und Herausforderungen, da nicht mehr nur meine eigene Perspektive gespiegelt wird.» Gleichzeitig sieht Mikael darin auch eine Herausforderung: «Je unterschiedlicher Menschen sind, desto anstrengender und zeitraubender ist es oft, mit ihnen zusammenzuarbeiten.» Vertrauen und Werte spielen dann eine zentrale Rolle: «Im Team gilt es, gemeinsam zu definieren: Warum machen wir das? Was ist unser gemeinsamer Nenner? Schwierigkeiten, die anschliessend bei der Umsetzung auftreten, können dadurch besser ausgehalten werden.»

Grafik zu Diversität

Mikael warnt indessen vor der Vorstellung, dass ein Jobsharing mit zwei sich ergänzenden Personen automatisch eine umfassende Perspektive gewährleiste: «Im Topsharing sollte es nicht nur um die Frage gehen, wie sich die beiden Personen in ihren Kompetenzen ergänzen. Vielmehr gilt es, sich als Tandem kritisch zu fragen: 'Was sehen wir beide nicht?' Das ist auch der Punkt, an dem dritte Personen aktiver ins Tandem eingebunden werden sollen. Es ist ein Irrglaube, dass alle Perspektiven bereits abgedeckt sind, bloss weil man zu zweit ist.»

 

«Es ist ein Irrglaube, dass alle Perspektiven bereits abgedeckt sind, bloss weil man zu zweit ist.»

 

Wie aus einer Gruppe ein Team wird

Damit aus einer Gruppe von Menschen, die sich vorher nicht gekannt haben, ein Team wird, spielen gegenseitige Sympathie und Kompetenzen eine entscheidende Rolle. Um Vertrauen aufzubauen hilft es zudem, die eigenen Schwächen einzugestehen, sagt Mikael. «Das klingt zuerst kontraintuitiv, aber wenn ich mich einer Person gegenüber verletzlich zeige und diese Person nimmt die Verletzlichkeit an oder offenbart eine eigene Schwäche, dann entsteht ein Zirkel der Verletzlichkeit zwischen uns, was interessanterweise zu Vertrauen führt.» Umgemünzt auf die Situation eines Tandems, das vor der Initiierung eines Topsharings noch nie miteinander gearbeitet hat, empfiehlt Mikael, sich mittels persönlicher Fragen erst einmal als Menschen an sich besser kennenzulernen: «Die meisten Menschen sind - wie wir selbst auch - total normale, verletzliche, ängstliche Leute. Wenn ich diese Erfahrung beim Gegenüber mache, wage ich es eher, mich selbst zu öffnen. Durch persönliche Fragen erfährt man etwas über den Hintergrund, die Geschichte der anderen Person. Auf einer vermeintlich nebensächlichen, weil nicht-professionellen Ebene, kann so ein gewisses Vertrauen entstehen. Das wiederum ist hilfreich, damit man sich später als Tandem im Job vertrauen kann.»

 

«Das klingt zuerst kontraintuitiv, aber wenn ich mich einer Person gegenüber verletzlich zeige und diese Person nimmt die Verletzlichkeit an oder offenbart eine eigene Schwäche, dann entsteht ein Zirkel der Verletzlichkeit zwischen uns, was interessanterweise zu Vertrauen führt.»

 

Grafik zu Verletzlichkeit

Hinter jeder Leistung steht ein Team

Beim Zusammenarbeiten spielt nebst Vertrauen auch die Einstellung gegenüber Teamarbeit eine Rolle. Mit «There is no `I` in Team» umschreiben Roman und Mikael ihr Mantra im Buch. Was aber, wenn im Team eine Person eher eine Einzelkämpferin ist und ihr «I» nicht so einfach in den Hintergrund stellen will? Bei diesem Mantra gehe es weniger darum, wer wie stark sichtbar sei, sondern welche Haltung dahinterstecke, entgegnen die beiden. Ein Solobergsteiger könne sehr wohl alleine im Rampenlicht stehen. Entscheidend sei dessen Bewusstsein dafür, dass das Team dahinter den Erfolg erst möglich gemacht hat. Dem Vorbehalt, dass es bei einem Topsharing unter Umständen heikel sein kann, wenn eine Person zu stark im Rampenlicht steht, widersprechen beide. Eine Person könne sehr wohl quasi die Funktion der Aussenministerin einnehmen, die andere Person jene der Innenministerin. Entscheidend dabei sei die Kommunikation. Beide müssten darüber gesprochen und ihr Einverständnis dazu gegeben haben. Roman vergleicht die Situation mit dem Modell «Run-the-Bank vs. Change-the-Bank». In einem Unternehmen benötige es beides; jemand, der Neues anstosse und jemand, der es ausführe. «Genau hier sehe ich einen grossen Vorteil beim Topsharing: Endlich bringt jemand den Laden zum Laufen, der nicht gleichzeitig auch noch bei jedem zweiten Apéro Präsenz und Visionen ausstrahlen muss. Das kann sehr entlastend sein.» Schlussendlich sei dies der ausschlaggebende Grund, weshalb für ihn die Ausübung eines Topsharings in Frage käme: «Ich möchte nicht nur weniger arbeiten (lacht). Ich möchte, nebst dem Austausch und der besseren Zusammenarbeit, den Fokus auf das behalten, was ich gerne mache und gut kann.»

 

«Genau hier sehe ich einen grossen Vorteil beim Topsharing: Endlich bringt jemand den Laden zum Laufen, der nicht gleichzeitig auch noch bei jedem zweiten Apéro Präsenz und Visionen ausstrahlen muss. Das kann sehr entlastend sein.»

 

Gemeinsam besser entscheiden

Als entlastend erlebt Roman auch das gemeinsame Entscheiden. Im Buch weist er sich die Rolle des Nein-Sagers zu, Mikael bezeichnet sich als Ja-Sager. Die Befürchtung, dass ein solches Duo verzögert oder gar nicht entscheidet, sich mitunter gar in Konflikte verstricken könnte, weist Roman zurück: «Was für eine antiquierte Idee zu denken, dass der eine aufgehalten wird, nur weil der andere immer Nein sagt. Im Gegenteil! Wenn ich müde bin, eine Entscheidung getroffen werden muss und der andere sagt 'ich entscheide jetzt, wir machen das so', dann ist das eine unglaublich grosse Beruhigung für mich: Ich, der Nein sagen will, kann im Fahrwasser der Entscheidung mitschwimmen.» Gleichzeitig betont er, dass dazu eine entsprechende Basis an Vertrauen und Sicherheit gegeben sein muss. Die Vorteile des gemeinsamen Entscheidens erachtet Roman insbesondere für ein Tandem als grosses Plus. Betreffend Aussenwahrnehmung fragt er sich jedoch; «darf Ambivalenz kommuniziert werden?» Es werde bei der Kommunikation von Entscheiden noch immer zu viel Wert auf das Ausstrahlen von vermeintlicher Sicherheit gelegt. Er hofft, dass künftig auch ambivalente Aussagen zum Tragen kommen, wie zum Beispiel: «Wir haben einen Entscheid gefällt, sind jedoch nicht ganz sicher, ob er richtig ist. Es handelt sich hierbei um eine Entscheidung, bei der man nicht im Voraus wissen kann, was richtig und was falsch ist. Wenn es möglich wäre, die richtige Entscheidung zu treffen, würden wir dies machen.»

 

«Was für eine antiquierte Idee zu denken, dass der eine aufgehalten wird, nur weil der andere immer Nein sagt.»

 

Zusammen, für immer und ewig?

Hat sich ein Team wie Mikael und Roman gefunden, welches nicht nur beim Entscheiden, sondern auch sonst gut zusammen funktioniert, soll es als Team zusammenbleiben. Deshalb täten Unternehmen gut daran, anstelle von Einzelpersonen Teams zu rekrutieren – sogenanntes «lift out». Das zugehörige Buchkapitel «Warum Sie als Team den Job wechseln sollten» liest sich wie ein Werbeslogan für Job- und Topsharing. Gerade auf Unternehmensseite kann dies jedoch auch auf Widerstand stossen; mühsam wurden zwei Personen rekrutiert, damit dann beide auf einen Schlag wieder weg sind? Für Mikael kein stichhaltiges Argument: «Grundsätzlich bin ich der Ansicht, dass Unternehmen Mitarbeitende anstellen sollten, die so gut sind, dass sie im Zweifelsfall wieder weiterziehen wollen. Wenn man die Besten haben will, muss man mit diesem Risiko leben». Die Unternehmensseite ist das eine, die Perspektive der Mitarbeitenden das andere. Als Tandem bedeutet das gemeinsame Kommen und Gehen auch eine gewisse Abhängigkeit voneinander. Wie empfänden es Mikael und Roman, wenn einer von beiden plötzlich sagen würde: «Hey, das nächste Buch möchte ich mit jemand anders machen»? Es sei nicht so, dass sie alles zu zweit machten, hält Mikael grundsätzlich fest. Jeder habe auch eigene Projekte, arbeite in anderen Konstellationen. Für ihn ausschlaggebend ist die Kommunikation: «Das offene Gespräch darüber, dass ich ein anderes Projekt verfolgen möchte, ist wichtiger als die fixe Definition der Zusammenarbeit.»

 

«Das offene Gespräch darüber, dass ich ein anderes Projekt verfolgen möchte, ist wichtiger als die Definition der Zusammenarbeit.»

 

Roman und Mikael verbinden über 20 Jahre erfolgreiche Zusammenarbeit und eine Reihe internationaler Bestseller. Auf die Frage, welchen Tipp sie Duos geben, die ebenfalls gemeinsam durchstarten wollen, entgegnet Roman: «Vorausgesetzt, es handelt sich um ein selbst gewähltes Tandem: alles Monetäre 50/50 aufteilen, nie 49/51! Wenn jemand zu viel arbeitet, dann am besten daran etwas ändern. Die 50/50 Aufteilung gilt es zu bewahren. Wir haben während unserer gesamten gemeinsamen Karriere genau einmal über Geld gesprochen. Das ist der zentrale Punkt.» Mikael fügt an: «Spass und Leichtigkeit sind ein wichtiges Element, das ich sowohl in der Zusammenarbeit mit Roman als auch mit anderen stark erlebe. Sich selbst, das Team, aber auch das Projekt nicht allzu ernst zu nehmen erleichtert vieles und ermöglicht es, mit Niederlagen besser umzugehen. Kurz gesagt: Achte darauf, mit wem du Spass hast bei der Arbeit. Das garantiert zwar noch keinen Erfolg, aber eine gewisse Leichtigkeit.»

 

«Wir haben während unserer gesamten gemeinsamen Karriere genau einmal über Geld gesprochen. Das ist der zentrale Punkt»

 

Buch: ZUSAMMENARBEITEN – wie man gemeinsam Großes erreicht, © 2022 by Kein & Aber AG, Zürich - Berlin.

 

Zu den Interviewpartnern:


Der gebürtige Finne Mikael Krogerus ist Journalist beim «Das Magazin» und ist unter anderem Träger des Deutschen Reporterpreises. Der Bieler Roman Tschäppeler ist Entrepreneur und Kreativproduzent. Beide sind Absolventen der dänischen Hochschule «The Kaospilots». Seit 2008 schreiben und zeichnen sie gemeinsam Kolumnen und Bücher. Ihre Werke wurden in 25 Sprachen übersetzt und verkauften sich weltweit millionenfach.


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